Ergebnisse

Auswertung von Umfragen und Interviews

[a work in progress]

Eine Bestandsaufnahme

Beiträge aus der Praxis

Das Thema des Projekts stieß besonders bei TV- und Filmkomponisten auf großes Interesse. In mehreren Befragungen gaben sowohl junge Berufseinsteiger als auch etablierte Komponisten bis hin zu Emmy Award Gewinnern oder Nominierten Einblicke in ihre aktuellen Arbeitsweisen mit virtuellen Instrumenten und DAWs. Einige TV- und Filmkomponisten standen für weitere Fragen zur Verfügung. Klassische zeitgenössische Komponisten waren in geringerer Zahl vertreten.

Weitere Ergebnisse stammen aus Umfragen und Interviews mit Dozenten und Tutoren im Bereich FilmScoring (Ausbildungsstätten für Filmmusik, kommerziell geführte Fortbildungseinrichtungen, einzelne spezialisierte Tutoren).

Zuletzt gab es Umfragen bzw. Interviews mit Entwicklern von DAWs, Notationsprogrammen, Softwareinstrumenten und weiteren Tools. Auch hier gab es großes Interesse an der Thematik; allerdings standen wegen Terminverpflichtungen, internationalen Messen etc. leider nicht immer die favorisierten Gesprächspartner zur Verfügung.

Die Auswertung der Ergebnisse orientiert sich am Workflow innerhalb der Filmmusikproduktion. Es gibt keinen festgelegten Standard. Je nach Produktionstyp haben sich bestimmte Abläufe. Drei Aspekte tauchen fast immer auf: Das Sammeln von Ideen, das Aufbereiten von Vorschlägen zur Abstimmung mit dem Regisseur (Mockups), die eigentliche Produktionsphase nach Festlegung der Cues. Ein mögliches Szenario wird von den Autoren James Bellamy, Paul Thomson und Christian Henson beschrieben.  James Bellamy, Paul Thomson und Christian Henson  

info

Virtuelle Instrumente werden vor allem von Komponisten für Fernseh-, Film- und Game-Music eingesetzt. Mit relativ geringem technischen Aufwand ist es heute möglich, Musik, Klänge oder Geräusche zum bewegten Bild zu erzeugen. Die oft schon recht realistisch klingenden Ergebnisse können dann zeitnah als Mock-up einem Regisseur oder Produzenten präsentiert und je nach Budget im Studio oder von den Komponisten selbst produziert werden. Der Einsatz von Softwareinstrumenten in Verbindung mit DAWs (Digital Audio Workstations) kann helfen, Zeit zu sparen und das Budget zu schonen. Nahezu alle befragten Komponisten gaben an, wie knapp die zur Verfügung stehende Zeit in der Regel ist und wie gut die Produktionstools aufeinander abgestimmt sein müssen.

Stilistik und musikalisches Material wurden in diesem Projekt nicht bewertet.

Einige Teilnehmer legten Wert auf Anonymität. Zitate mit Namensnennung wurden von den betreffenden Personen genehmigt.

Die Informationen auf diesen Internetseiten setzen Grundkenntnisse in folgenden Bereichen voraus: Filmmusikproduktion, Kompositions- und Arrangementtechniken, Akustik, Instrumentation bzw. Orchestration, Studio- und Aufnahmetechnik.


"Der Klang, um den es hier geht, kommt immer aus Lautsprechern."

Gemeint sind Lautsprecher, die sich z.B. für die Produktion im Studio eignen müssen, Lautsprecher für den Kinosaal, Lautsprecher für das private Heimkino oder das TV-Gerät, Lautsprecher für die Stereoanlage oder Kopfhörer. Diese noch unvollständige Aufzählung zeigt, wie vielfältig die technischen Voraussetzungen sein müssen, um mit den jeweiligen Lautsprechertypen möglichst realistische Klangbilder zu erzeugen.

Wer Musik, Klang oder Geräusche für Lautsprecher produziert, muss mit dem Phänomen der Schallerzeugung vertraut sein. Akustik, Studio- und Aufnahmetechnik werden in der Regel im Rahmen der Ausbildung an Filmmusikhochschulen oder vergleichbaren Institutionen angeboten. Darüber hinaus gibt es auf dem freien Markt professionelle Weiterbildungsangebote in diesen Bereichen. Self-made-Komponisten sollten auf jeden Fall die Finger von der Trial-and-Error-Methode lassen - die Defizite hört man!

„Da werden hochwertigste Mikrofone von Schoeps, Neumann usw. verwendet, ideale Aufnahmeverhältnisse geschaffen und manche Produktionen tönen damit, als hätte man sie mit einem schlechten MIDI-Modul aus den 80er Jahren produziert.“  [Tutor & Studioleiter] 


Filmmusik ist nur ein Bestandteil des Filmtons: Weitere Elemente, die die Filmmusik überlagern, sind Hintergrundgeräusche, Soundeffekte und Sprache. Es sind nicht die Filmkomponisten, die über den endgültigen Klang entscheiden. Nicht selten legen Regisseure in einer späten Phase der Fertigstellung noch einmal Hand an: ein Prozess mit vielen Beteiligten und Variablen, um es vorsichtig auszudrücken.

Die erste Phase

Ideen sammeln, experimentieren usw.

"Kreativität auf Knopfdruck?"

Komponisten lassen sich nur ungern auf eine bestimmte Reihenfolge im Schaffensprozess festlegen.

„Wie“ die Komponisten zu ihren Ideen kommen, wurde in diesem Projekt zwar nicht explizit abgefragt. In den Antworten finden sich jedoch zahlreiche Hinweise: Bei den einen geschieht „es“ direkt im Kopf, andere bevorzugen die Arbeit auf dem Notenpapier, wieder andere probieren am (akustischen) Instrument, am Keyboard oder experimentieren von Anfang an mit dem Sequenzer.

Dabei wurde nach der Art der Produktion unterschieden: z.B. ausschließliche Verwendung von Softwareinstrumenten, Hybridproduktion oder Studioproduktion mit akustischen Instrumenten, Ensembles oder Orchester.

Gründe dafür sind ...

Platz 1: Digital Audio Workstation

Die beliebteste Arbeitsoberfläche beim Komponieren ist die DAW. Die folgenden Aussagen treffen vor allem auf TV- und Filmkomponisten der jüngeren Generation zu, die die Musik letztendlich selbst produzieren. Bei den Betriebssystemen und Produkten gab es unterschiedliche Präferenzen, die mit der persönlichen Arbeitsweise oder bestimmten technischen Features begründet wurden. Einige Befragte gaben aber auch an, teilweise mit mehreren Programmen für entsprechende Arbeitssituationen zu arbeiten. Auch wenn es viele Anregungen für zukünftige Updates und spezielle Wünsche für mögliche Weiterentwicklungen gab, wurden die aktuellen technischen Möglichkeiten der DAWs insgesamt als sehr gut eingeschätzt. Häufige Argumente für den Einsatz der DAW in diesem frühen Stadium der Filmmusikproduktion waren u.a.:

  • Synchronisation mit dem Film
  • Einfache Integration virtueller Instrumente
  • Zugriff auf die wichtigsten Parameter
  • Möglichkeit, von Anfang an mit dem Produktionstool zu arbeiten.
Platz 2: Notationssoftware

Die Zahl der TV- und Filmkomponisten, die in dieser Phase der Filmmusikproduktion mit Notationsprogrammen arbeiten, ist deutlich geringer. Als Argumente für den Einsatz von Notationsprogrammen wurde z.B. angeführt, dass die Komponisten mit der Notationsoberfläche in der Regel vertraut sind und die übersichtliche Darstellung gerade für die spätere Studioproduktion mit Instrumentalisten, Ensembles oder Orchestern bevorzugen. Einige gaben auch an, dass sie den doppelten Arbeitsaufwand für die spätere Produktion mit einer DAW nicht scheuen. Viele Befragte äußerten daher den Wunsch nach Verbesserungen in der Zusammenarbeit zwischen Notationsprogrammen und DAWs. Einige Hersteller arbeiten bereits daran - mit unterschiedlichen Ansätzen. Komponisten müssen sich noch gedulden! Diese Gruppe von Komponisten nutzt für ihre ersten Ideen neben programminternen Sound Libraries auch Produkte von Drittanbietern (Plugins), die dann ebenfalls mit DAWs genutzt werden können. Einige Soundproduzenten liefern dazu passende Soundsets oder man kauft Soundsets von spezialisierten Anbietern und erspart sich die aufwendige Programmierarbeit. Kritiker dieser Arbeitsweise bemängeln vor allem den zeitlichen Mehraufwand durch die Verwendung zweier unterschiedlicher Oberflächen sowie die mangelnden Eingriffsmöglichkeiten in die Klangbearbeitung, obwohl auch hier von Herstellerseite neue Entwicklungen im Gange sind. Der Einsatz von Notationseditoren innerhalb von DAWs spielte in dieser Phase keine Rolle.

dahinter Papier & Stift, usw.

Einige wenige Komponisten legten in dieser Phase großen Wert auf die Arbeit mit Notenpapier und Bleistift. Es handelte sich dabei entweder um (renommierte) Komponisten, die ihre Werke nicht allein ausarbeiten und produzieren mussten, oder um Komponisten, die besondere Klangphänomene weder auf der Notationsoberfläche noch in der DAW darstellen konnten.

Die nächste Phase

Demos produzieren, Mock-ups erstellen etc.

"Es ist ein ständiger Prozess, d.h. ein bestehendes Setup wird permanent weiterentwickelt."

Für die Abstimmung mit den Regisseuren sind fast immer Demos oder Mockups erforderlich. Auch in dieser Phase der Filmmusikproduktion gibt es Unterschiede in der Arbeitsweise. Während einige Komponisten z.B. mit Synthesizerklängen arbeiten, integrieren andere bereits Audioaufnahmen mit Gesang oder anderen Instrumenten. 

TV- und Filmkomponisten bevorzugen die Erstellung von Demos mit DAWs und Softwareinstrumenten. Als Gründe werden vor allem Zeitersparnis und Flexibilität bei der Klangauswahl und -gestaltung genannt. Häufig können Komponisten auch bereits erstellte Templates in abgewandelter Form weiterverwenden.

Komponisten, die Demos für spätere Studioproduktionen mit klassischem Orchesterinstrumentarium erstellen, verwenden gerne Notationsprogramme in Verbindung mit Orchesterbibliotheken. Auch hier spielt der Zeitfaktor eine wichtige Rolle, zumal Partitur und Stimmen für die Studioproduktion dann bereits in Arbeit sind. Komponisten, die diese Methode bevorzugen, arbeiten zum Teil mit Templates oder Setups für bestimmte Besetzungen, die sie immer wieder verbessern oder modifizieren. Die klanglichen Ergebnisse reichen auch ohne große Nachbearbeitung für Demozwecke aus.

Die Produktionsphase

(zum Teil in weitere Prozesse unterteilt)

Vorbemerkung:
Die Umfragen ergaben, dass TV- und Filmkomponisten auch in dieser Phase der Filmmusikproduktion DAWs bevorzugen. Verschiedene Hersteller arbeiten an der verbesserten Integration von Notationsprogrammen in digitale Audioworkstations, da viele Musikschaffende nicht auf ein möglichst perfektes Notenbild verzichten wollen. Notationseditoren in DAWs werden von den befragten TV- und Filmkomponisten aber nicht favorisiert. Wer Partituren und Stimmenmaterial benötigt, greift zum favorisierten Notationsprogramm, auch wenn er die doppelte Arbeit hat. Der Import von Partituren aus Notationsprogrammen über MIDI oder XML in DAWs ist möglich, erfordert aber Nacharbeit. Außerdem ist das Material für die weitere Produktion höchstens ein Anfang. Künftig soll es möglich sein, ganze Templates inklusive virtuelle Instrumente in DAWs zu importieren.  Hersteller verwiesen in Interviews darauf, dass ihre Produkte (DAW und Notationssoftware) nicht nur für TV- und Filmkomponisten entwickelt werden. Der Kreis der Anwender ist erheblich größer und die Wünsche in den Foren sind immens.

Die Instrumente

Das Projekt konzentriert sich auf virtuelle Orchesterinstrumente
(eine mögliche Auswahl)

Einsteiger Bibliotheken: "Ein ganzes Orchester" 
Preis: unter 100 EUR
 
Für eine Demo kann dies ausreichend sein. Manche Komponisten bevorzugen solche Produkte sogar für die ersten Phasen der Produktion.

Spezielle Pakete bis komplette Orchesterbibliotheken
Preise: ca. 200 EUR ...

Hersteller bieten Produkte für unterschiedliche Anwendungsbereiche an.

Ausgewachsene Orchesterbibliotheken 
Preis: zum Teil über 10.000 EUR

Millionen von Samples mit allen erdenklichen Artikulation.

Die Sounds der High-Level Filmkomponisten
nicht auf dem freien Markt erhältlich

Top-Filmcomposer schließen sich zu Konsortien zusammen und lassen eigene Bibliotheken entwickeln. Der Vorteil für die Komponisten: ihre Sounds bekommt man nur in ihren Produktionen zu hören.

Hinweis: Hier geht es zunächst um die reinen Samples, wie sie von den Herstellern angeboten werden. Auf dem Markt gibt es eine breite Palette von Sound Libraries mit ganz unterschiedlichen Intentionen: vom schlichten Einzelinstrument über möglichst handliche Pakete mit den gängigsten Artikulationen bis hin zu Bibliotheken mit typischem Hollywoodsound oder auf Scoring Stages natürlich aufgenommenen Orchesterinstrumenten, von Paketen mit außergewöhnlichen Spielweisen bis hin zu möglichst perfekt aufgenommenen Sounds. Die Befragungen ergaben, dass die Auswahl einzelner Instrumente oder ganzer Libraries vom persönlichen Geschmack des Komponisten oder von der Auftragslage mit dem Regisseur abhängt. Und über Geschmack lässt sich streiten!

"... I know what it is going to sound like in my head – a DAW rarely sounds like a real orchestra unless one spends a lot of time really working on each individual note..."

Rund 75 Prozent der befragten Komponisten gaben an, dass sie sich mit Instrumentation auskennen. Für sie ist es wichtig, dass die Klänge realistisch klingen. Die Wünsche an Soundbibliotheken gehen laut Umfrage jedoch weit auseinander: Sie reichen von „so einfach und gut klingend wie möglich“ bis hin zu „ungeglättetem" Sound, weg vom "Hollywood-Einheitsbrei“. Viele der befragten TV- und Filmkomponisten geben sich mit den angebotenen Standardsounds nicht mehr zufrieden. Der Wunsch nach individuellen Klängen und ausgefallenen Spieltechniken wächst.

Einige Hersteller haben darauf bereits reagiert. Es gibt aber auch Komponisten, die selbst produzierte Samples verwenden. Als weitere Option wurde genannt: Instrumente für bestimmte Situationen „selbst zusammenstellen“. Dabei werden Samples verschiedener Hersteller kombiniert: z.B. Violine pizzicato von Hersteller A, Violine legato von Hersteller B usw. In der Praxis führt dies aufgrund unterschiedlicher Aufnahmetechniken manchmal zu Schwierigkeiten: einige Komponisten berichteten von Problemen beim Layern von Instrumenten.

Feedback aus den Umfragen:

„Eigentlich ist es egal, wie man arbeitet – Hauptsache, es klingt!“

Eine Anmerkung dazu aus dem Profilager:

„... Too many times contemporary composers do not write to the strengths of the orchestra but rather to the strength of their samples.” 

Mehr als die Hälfte der Befragten suchen zunächst in den ihnen zur Verfügung stehenden Klangbibliotheken nach geeigneten Klängen für eine bestimmte Situation. So werden gerne fertige Melodielinien mit verschiedenen Klängen „durchprobiert“, anstatt umgekehrt eine Melodielinie für ein speziell ausgewähltes Instrument zu entwerfen. Von Lehrenden aus dem Bereich des Filmscoring wird dies gelegentlich als „Mangel an Vorstellungskraft“ bezeichnet. Es gibt auch Gegenargumente, dass man gerade beim Stöbern unerwartet auf die idealen Klänge stoßen kann. Letztlich hängt es auch davon ab, welche Bibliotheken einem Komponisten zur Verfügung stehen und wie viel Zeit er für die Suche einplant.

Wie wird Musik ' eingegeben'?

Auf Videoportalen wie YouTube oder Vimeo findet man eine Vielzahl von Tutorials zu den unterschiedlichsten Arbeitsprozessen bei der Musikproduktion; darunter sind viele hilfreiche Beiträge von Usern, aber auch Videos von „selbsternannten“ Spezialisten. Der Informationsgehalt schwankt dabei stark! (Große) Hersteller bieten eigene Channels mit Produktvideos, aber auch Anleitungen für bestimmte Szenarien. Trotz Suchfunktion dauert es oft einige Zeit, brauchbares Material zu finden. Darüber hinaus bieten Lernplattformen für FilmScoring, wie z.B. ThinkSpaceEducation, neben ihren kostenpflichtigen Angeboten auch eine Vielzahl von Videos, Tutorials und Interviews an. Darüber hinaus gibt es E-Learning-Anbieter wie z.B. Lynda, die mehrstündige Kurse zur Arbeit mit bestimmten Produkten oder zu übergeordneten Themen wie „Editing and Mixing“ anbieten. Diese Angebote sind an vielen Hochschulen kostenfrei. Ansonsten kann man sich über einen „free trial“ Zugang über das Angebot informieren.

30%

Methode 1

Ich lege für jede benötigte Artikulation eine eigene Spur an (z.B. legato, staccato, pizzicato usw.) und spiele die Musik mit dem MIDI-Keyboard ein.

27%

Methode 2

Ich spiele die Musik mit dem MIDI-Keyboard ein; keyswitches füge ich nachträglich im MIDI Editor oder Score Editor hinzu.

15%

Methode 3

Ich spiele die Musik mit dem MIDI-Keyboard ein (realtime oder step-by-step), wobei eine Hand die entsprechenden keyswitches spielt.

15%

Methode 4

Ich spiele die Musik mit dem MIDI-Keyboard ein und bearbeite die Spielweisen anschließend mit Hilfe von Expression Maps im MIDI Editor.

12%

Methode 5

Ich spiele in Realtime mit der dominanten Artikulation ein und schreibe eine CC Automation für die Artikulationswechsel in der Instrumentenspur | Eine Mischung aus verschiedenen Spuren, z.B. 1. long, 2. short und dort via Keyswitches zwischen verschiedenen Artikulationen, die Musik zeichne ich mit der Maus ein | Ich spiele die Musik inkl. Artikulationswechsel und Controller-Fahrten soweit möglich live ein.

1%

Methode 6

Ich spiele die Musik mit dem MIDI-Keyboard ein und bearbeite die Spielweisen anschließend mit Hilfe von Expression Maps im Score Editor.

Expression Maps, Keyswitches und Co.

Eine von mehreren Möglichkeiten

Die beste Methode ist ...?


Hinweis: Expression Maps sind eine Technologie von Steinberg®. Nicht alle Befragten verwendeten diese Marke. Die Technologie wurde jedoch von einigen Befragten unter den bevorzugten Produkten vermisst. 

In weiteren Textfeldern konnten die Befragten Kommentare zum Zusammenspiel von Softwareinstrumenten und DAWs abgeben. Unabhängig vom gewählten Betriebssystem oder der bevorzugten DAW ergaben sich sehr differenzierte Antworten. Da es sich bei diesem Projekt nicht um eine Produktbewertung handelt, wird auf eine Veröffentlichung der Details verzichtet. Stichproben ergaben, dass sich die häufigsten Kritikpunkte oder Wünsche für zukünftige Versionen auch in den jeweiligen Anwenderforen wiederfinden.

„Die grundsätzliche Technik der Expression Maps ist ausgereift, aber leider kein Standard geworden...“

„Hier müssten die Hersteller virtueller Instrumente für eine bessere Anpassung sorgen...“

„Ein wirklich nächster Schritt wird wohl sein, Algorithmen zu konstruieren, welche die Sample-Wahl und Bearbeitung größtenteils schon mal sehr menschlich umsetzen...“

"Um ehrlich zu sein, bin ich froh, dass es keine absolute Standardisierung gibt. Das würde zu einem Einheitsbrei führen, der die "Gesetze" des echten Orchesters aushebelt und musikalischen Unfug legitimieren würde..." 

Keyswitches

Keyswitches dienen dem Wechsel zwischen Artikulationen. Nicht alle Befragten bevorzugten die gleichzeitige Eingabe der Keyswitches beim Einspielen der Musik. Dafür wurden unterschiedliche Gründe genannt, die z.B. auch mit dem Umfang des Eingabegerätes oder der Position und Verteilung der Keyswitches zusammenhingen. Häufig wurde auch bemängelt, dass die Tastenbelegung sehr unterschiedlich sei, manchmal sogar innerhalb der gleichen Library. Einige Befragte wünschten sich eine flexiblere Tastaturbelegung. Wenn mit Keyswitches gearbeitet wurde, wurde die nachträgliche Eingabe per Tastatur oder Maus von den jeweiligen Befragten bevorzugt.

Keyswitches: pro und contra 

aus Sicht von Komponisten und Kursleitern und Herstellern

pro:

"Zum Ausprobieren der Artikulationen eines Instruments ist dies grundsätzlich eine beliebte Methode, vor allem weil man keine extra Tracks anlegen muss. Direkt über das Keyboard oder mit der Maus kann man so sehr rasch einen klanglich differenzierten Ablauf gestalten..." 
contra:

"Im Notationseditor der (meisten) DAWs werden Keyswitches angezeigt, was das Notenbild stark beeinträchtigt. Einige Hersteller haben das Problem bereits in den Griff bekommen." 
"... Beim Arbeiten mit Keyswitches ist kein Balancing zwischen Artikulationen möglich. Das kann zu sehr unnatürlichen Lautstärkeverhältnissen führen."
"Man kann in der Regel nur eine Artikulation pro Instrument spielen. Polyphone Keyswitches benötigen spezielle Tools für gängige Standardplayer. Diese sind erst für wenige Produkte verfügbar."
“Ich möchte für die Produktion gerne den Zugriff auf die Continous Controller (CC) haben, weil ich damit am meisten nachbearbeiten kann...”

Die Feinarbeit

Der eigentliche Produktionsprozess

Arbeiten mit Templates und Setups

Die "Hans-Zimmer-Methode"

Der Name Hans Zimmer tauchte im Laufe des Projekts in den unterschiedlichsten Zusammenhängen auf. Vor allem die für seine Arbeit typischen Templates flößen vielen Komponisten Respekt ein und regen offensichtlich zur Nachahmung an. Claas Tatje schrieb in der "Zeit" (Januar 2015) einen Artikel über Zimmers Filmmusikfirma mit dem Titel „Der Vampir am Mischpult“. [zum Artikel]

Das Arbeiten mit Templates, die aus mehreren tausend (!) Spuren bestehen, ist mit aktuellen DAWs möglich und heute nicht unüblich. In den Umfragen und Interviews spielte die Einrichtung und das Arbeiten innerhalb der Templates aus Sicht der Komponisten eine wichtige Rolle. Videos und Tutorials (zu finden z.B. auf YouTube unter dem  Suchbegriff „orchestral template“) ​zeigen gerne, wie „einfach“ dies in der Praxis zu realisieren ist. Die Anzahl und Länge der Kommentare von professionellen Komponisten zeigt jedoch, dass dieses Thema sehr viel Einarbeitung und Erfahrung erfordert. Nicht selten holen sich Komponisten professionellen Rat von Spezialisten oder lassen sich Templates für ihre Zwecke erstellen. Auf dem Markt gibt es Tutoren oder kleine Firmen, die sich auf dieses Thema spezialisiert haben und den Filmkomponisten viel wertvolle Zeit ersparen.

Marc Jovani verfasste auf der Seite von www.cinematiccomposing.com einen Beitrag zu diesem Thema [zum Artikel].

Feedback aus den Umfragen:

Wie behält man den Überblick?

"Ordnung ist das halbe Leben!"

Wer viele Tracks braucht, muss den Überblick über das Ganze behalten. Ein drei- bis vierstimmiges Instrumentalensemble verteilt sich schnell auf ein Vielfaches an Spuren. Die Hersteller von DAWs liefern immer neue Features, um den Workflow zu optimieren. Allerdings nützen die besten Suchoptionen einer DAW wenig, wenn z.B. die Spurbezeichnungen vom Anwender unsystematisch oder ggf. nach Samplebezeichnungen angelegt werden.

"Ordnung ist das halbe Leben. Wer einen Kurs zum Thema Mixing & Producing besucht, wird dies in einer der ersten Sitzungen erfahren. 

Die Interviews mit den Anwendern haben gezeigt, dass es viele unterschiedliche Varianten in der Arbeitsweise gibt. Auf die Beschreibung eines typischen Workflows wurde daher verzichtet.

Die Hersteller virtueller Instrumente konzentrieren sich hauptsächlich auf die Weiterentwicklung und Perfektionierung der Libraries, zu groß ist der Konkurrenzdruck auf dem Markt. Dem Anwender bleibt nichts anderes übrig, als sich in die Feinheiten der jeweiligen Player einzuarbeiten, um z.B. Automatisierungsprozesse mit der eigenen DAW zu generieren. Seit einigen Jahren suchen Software-Entwickler nach Möglichkeiten, die Zusammenarbeit zwischen DAW und Soundlibrary weiter zu vereinfachen. 

2021 brachte Presonus eine Schnittstelle für Studio One auf den Markt, die erkennt, welche Artikulationen das aktuell geladene Preset in einem Plug-in für virtuelle Instrumente unterstützt. Diese Sound Variation API wurde Plug-in- und Host-Entwicklern zur Verfügung gestellt. Ob sie sich als Standard durchsetzen wird, wird die Zukunft zeigen.
 
Mittlerweile arbeiten der Synchron Player der Vienna Sound Library und Studio One intuitiv zusammen. Mit Hilfe der Studio One Toolbox  können auch Cubase Expression Maps oder Cakewalk Instrument Definitions in SoundVariations für Studio One umgewandelt werden.

Noch mehr Arbeit hat sich Babylonwaves gemacht. Mit ihrem Art Conductor ... ist die umfangreichste Sammlung von Artikulationssets auf dem Markt. Sie besteht aus über 10.000 Templates für alle wichtigen Libraries wie Spitfire, Vienna Symphonic Library, Eastwest, Orchestral Tools, 8dio und Cinematic Instruments. Diese Sets sind DAW-übergreifend für Logic, Cubase, Studio One, Digital Performer und Cakewalk verfügbar (Stand 2023). Das Umschalten zwischen verschiedenen Artikulationen wird zunehmend praktikabler - auf die Reservierung einzelner Spuren pro Artikulation könnte verzichtet werden, was der Übersichtlichkeit innerhalb der DAW zugute käme.

Noteperformer von Wallander Instruments lieferte bis zur Version 3.x zusätzlich zu den programmeigenen Sounds der Notationsprogramme Sibelius, Finale und Dorico alternative Sound Libraries, die den wichtigsten programminternen Artikulationen entsprachen (z.B. pizz., col legno, glissando etc.). Ab Version 4 ist es außerdem möglich, VST3-Plugins bestimmter Hersteller direkt in eines der drei Notationsprogramme zu laden – ohne Sound Sets, Expression Maps oder Human Playback Rules. Dazu gehören ausgewählte Editionen von Spitfire Audio, Orchestral Tools, CineSamples, Cinematic Studio Series, EastWest, Steinberg, Audio Imperia oder der Vienna Symphonic Library.  

Ursound vs. 'mixing & editing'

Wieviel soll / kann / darf am reinen Sample herumgebastelt werden?

Die Hersteller von Sound Libraries investieren viel Geld in die Produktion ihrer Samples. Sie stellen den Musikschaffenden ein Ausgangsmaterial zur Verfügung, das in seiner ursprünglichen Form, aber auch in modifizierter Form durch den Einsatz entsprechender Player verwendet werden kann. Abhängig von der Architektur des Players bzw. von weiteren aufgesetzten Tools kann das Verhalten der Klänge über MIDI-Controller beeinflusst werden - „im Extremfall bis zur Unkenntlichkeit“.

Ein Studiobetreiber schrieb, dass die Verwendung virtueller Instrumente an sich keine Gefahr darstelle. Die Gefahr besteht darin, dass oft geglaubt wird, der bloße Einsatz virtueller Instrumente könne musikalisches Können, Wissen und Einfühlungsvermögen ersetzen. Das ist nicht der Fall!

Auch aus dem Studiobereich wurde bemängelt, dass leider viel zu oft ohne wirkliches technisches Wissen an den aufwendig produzierten Klängen herumgebastelt wird.

„Die Produktionsarbeit mit diesen Tools ist in erster Linie musikalische Arbeit und sie setzt dementsprechend musikalisches Können voraus … Ohne diese Grundvoraussetzung ist alle Technik umsonst.“

know-how!

Die Schwierigkeit bei der Produktion liegt im allgemeinen Klangverhalten der Instrumente:
Je kürzer die Klanginformation ist, desto realistischer ist in der Regel das Ergebnis. Bei langen Klängen oder Klangflächen ist das jedoch anders: Gründe dafür sind z.B. variables Dynamikverhalten, feine Veränderungen im Vibrato etc. Hier kommen die Vorteile der DAWs zum Tragen. Je langsamer und fluktuierender die Musik ist und je exponierter z.B. Streicher besonders im Solobereich sind, desto größer ist der Aufwand bei der Produktion.

"Wer mit Samples möglichst nahe der Realität Musik machen will, für den sind Kenntnisse über die eingesetzten Musikinstrumente unumgänglich. Meine Empfehlung ist jeweils, mindestens je eine Lektion bei einem Streicher, einem Holzbläser und einem Blechbläser zu besuchen. Dort sollte der Profi die wichtigsten Artikulationen spielen und über die Schwierigkeiten sprechen. So lernt man wenigstens, dass eine richtige Violine kein gelooptes [Material] spielen kann [oder] dass das Blasinstrument kein unendliches Legato spielen kann, ohne mal zu atmen." [Studioleiter] 

"Es soll anders klingen als bei den anderen..."

Die Suche nach dem persönlichen Sound?

„Ganz im Sinne des Regisseurs wird die Musik dann in Mainstream-Manier produziert​ oder eben auch einmal vollkommen ausgefallen.“

So wie TV- und Filmkomponisten eine Idee oder ein Konzept für die Filmmusik entwickeln, suchen und sammeln sie Sounds und Samples, die zu ihrem Musikstil und ihrer Produktion passen. Die Entwicklung eigener Sounds ist dabei nicht ungewöhnlich.

Wie findet man seine persönliche Handschrift?

Nicht ohne Grund bieten Sample-Hersteller gerne Demos mit eindrucksvoller Musik an, z.B. zu Action-, Drama- oder Fantasy-Szenen. Gerne werden solche (oft aufwändig produzierten) Demos als Basis für eigene Projekte verwendet - was zunächst nicht verwerflich ist. Allerdings fällt auf, dass bestimmte Instrumentierungen in leichten Variationen immer wieder zu hören sind. Nicht ganz unschuldig an diesen Stereotypen sind auch die Pakete mit fertigen Sequenzen für Streicher, Bläser oder Schlagzeug, die jede Kreativität bremsen und deren Möglichkeiten sich schnell erschöpfen. Zum Lernen oder für Anfänger sind diese Produkte hilfreich - für Profis eher nicht.

Sample-Hersteller demonstrieren gerne, dass man mit ihren Produkten „sogar“ klassische Kompositionen nachbauen kann. Im Klartext: Bei den meisten Anbietern scheitert diese Absicht. Entweder wurde ein für die Sample-Library ungeeignetes Werk ausgewählt oder die Produktion scheitert aus den unterschiedlichsten Gründen. 

Die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, z.B. mit einer CD-Aufnahme der Berliner Philharmoniker zu konkurrieren, wird in diesem Projekt nicht diskutiert!

Oft wird auch übersehen, dass recht realistisch klingende Produktionen einen enormen Arbeitsaufwand erfordern. Darüber findet man auf den Seiten mit den Demosongs so gut wie keine Informationen.

Ein Dozent im Bereich Film-Scoring berichtete, dass es sich hierbei um Instrumente handelt, die auch erlernt werden müssen. Man muss auch mit ihnen üben, um gut klingende Ergebnisse zu erzielen. Um eine wirklich gut klingende Sololinie zu schreiben, braucht man sicherlich einige Jahre Einarbeitungszeit und dann viel Erfahrung. Im Bereich der Demosongs diverser Libraries gibt es seiner Meinung nach verschiedene Qualitätskategorien: von grottenschlecht (Leute, die eigentlich kaum etwas davon verstehen oder totale Anfänger), dann average mock-ups (einigermaßen musikalisch ausgearbeitete Demos), dann ein schon sehr hochwertiger Bereich, bei dem auch die produktionstechnischen Fähigkeiten positiv auffallen und schließlich der absolute High End Bereich, bei dem selbst Experten (Musiker und Produzenten) im Double Blind Test passen müssen. Dies setzt ein hohes Maß an Vorerfahrung voraus.

„Ohne Equalizing, entsprechende Platzierung der Instrumente, ohne Performance Shaping nutzt die beste DAW nicht viel. Das muss man erst gelernt haben – diese Arbeit nehmen einem die Programme nicht automatisch ab.“

Was eignet sich zum Editieren?
Die Samples der verschiedenen Hersteller sind sehr unterschiedlich aufgenommen. Es gibt Streichersounds, die klingen im Rohformat „brottrocken“ und absolut „mager“. Für die Vermarktung ist das zunächst abschreckend. Für die Weiterverarbeitung stellt sich das aber schnell als Vorteil heraus. Denn der umgekehrte Fall, zu „nasse“ Samples lassen sich in vielerlei Hinsicht schlecht nachbearbeiten. 

Das hat aber immer auch mit dem Geschmack des Komponisten & Produzenten zu tun, der die Sounds auswählt.

Wieviel soll / kann / darf man herumbasteln?

Wenn man es beherrscht, darf man es natürlich auch. Denn erst dadurch wird der Klang individuell. Kein Komponist muss sich rechtfertigen, wenn er über seine Streichersamples synthetische Klänge legt. 

Aber wenn man versucht, den Klang eines klassischen Sinfonieorchesters zu imitieren, ist es sicher sinnvoll, sich an dessen Klangästhetik zu orientieren. 

Und der Fachmann wird vielleicht schmunzeln, wenn im Fortissimo-Tutti plötzlich Streicherflageoletts die gleiche Intensität haben wie Trompeten - das geht eben nur im virtuellen Orchester.

Resümee (Tipps aus der Praxis)