HINTERGRUND

»Computer und elektronische Instrumente«

Einsatzmöglichkeiten in der Praxis

Seit den 1990er Jahren verwenden Musikschaffende  zunehmend Sequenzer oder Notationsprogramme in Verbindung mit Synthesizern oder Softwareinstrumenten.

Dies hat den Vorteil, dass während des gesamten Gestaltungsprozesses am "quasi fertigen Klang" gearbeitet werden kann.

Die Sequenzer von damals haben sich zu leistungsfähigen Workstations mit Notationsmodulen entwickelt und sind aus dem Studio- und Produktionsbereich nicht mehr weg zu denken.

Notensatzprogramme sind heute effektive graphische Arbeitsoberflächen, die über entsprechende Schnittstellen die entstandene Musik realistisch wiedergeben können.

„Partitur oder Workspace?“

KomponistInnen und Arrangeure entscheiden, auf welcher Oberflä​che ihre Musik entstehen soll.

Das Zusammenspiel von Notationsprogrammen und virtuellen Instrumenten ermöglicht es Musikschaffenden, Partituren schon lange vor der ersten Probe mit Live-Musikern oder einem Orchester zum Klingen zu bringen. Böse Überraschungen bei der Live-Performance sollen so - im Idealfall - vermieden werden.

Entspricht das Notenbild dem Klangbild?

Die Überraschungsmomente haben abgenommen, sind aber nicht restlos verschwunden. Trotz der erstaunlichen Klangqualität virtueller Instrumente leiden viele Produktionen unter klanglichen Defiziten. Dies liegt in der Regel weniger am musikalischen Material, der Stilistik oder der Qualität der Abmischung. 

Haben die Defizite mit der Arbeitsweise zu tun? 

Defizite beginnen oft schon beim Umgang mit einzelnen Instrumenten oder Ensemblesounds und summieren sich schnell. Die Qualität der produzierten Musik leidet darunter. Die Vielfalt an Spielweisen und Artikulationen, die die Sound Libraries bietet, verleitet eher zum "Ausprobieren" als zum bewussten "Auswählen" von Klangfarben. Die heutige Arbeitsweise hat sich gegenüber der "traditionellen Instrumentation" stark verändert.

Etwas überspitzt formuliert: "Früher musste man sich durch diverse Instrumentationslehren arbeiten, Partituren lesen und unzählige Aufnahmen anhören. Heute durchsucht man am Bildschirm Menüs mit unzähligen Samples und trifft seine Auswahl per Mausklick.

Factory-Sound vs. Raffinesse

Was steckt in Sound Libraries und wie geht man mit der Vielfalt um?

Ist es für jeden Arrangeur wichtig zu wissen, wie z.B. die Samples "sul ponticello" auf einem Violoncello [Video] oder "natural harmonics" auf einer Violine "live" [Video] ausgeführt werden?

Für eine Produktion ohne Live-Instrumente ist das zunächst kein Problem. Kritisch kann es werden, wenn akustische Instrumente an der Produktion beteiligt sind. Ein Komponist oder Arrangeur sollte eine klare Klangvorstellung von seiner Musik haben. Er muss eigentlich genau wissen, was er in die Noten schreibt, damit das, was er will auch erklingt. Diskussionen mit den Spielern verschwenden nur Zeit und Geld.

Sound-Libraries enthalten oft Gigabytes an Samples, manchmal für nur „ein einziges“ Instrument. Wenn man sich Produktionen mit virtuellen Instrumenten anhört, fragt man sich manchmal, wo all die Gigabytes geblieben sind.

Da kann die Musik noch so gut sein, wenn man bei der Auswahl und dem Einsatz der Sounds kein "glückliches Händchen" hat oder doch wieder auf die Rezepte zurückgreift, die schon viele andere Kollegen (erfolgreich) eingesetzt haben.

Gibt es einen "Standard-Orchestersound"? 

Nein – das wäre schrecklich. Unzählige (Film-) Komponisten haben gezeigt, wie vielfältig Instrumentation sein kann. So manchen Komponisten kann man an seiner Instrumentation erkennen. 

Und das, was für den Orchesterapparat gilt, gilt auch für virtuelle Instrumente: 

Schlecht instrumentierte Musik klingt auch schlecht!

Ein Beispiel

Ausgangspunkt ist ein einfacher Klaviersatz. Die später orchestrierten Versionen verwenden dieses musikalische Ausgangsmaterial und die gleiche instrumentale Besetzung. Dennoch unterscheiden sie sich deutlich in ihrem Klangbild.

Hörbeispiel 1

Notationsprogramm | VST-Instrumente | keine zusätzlichen Effekte | keine weitere Nachbearbeitung

Kommentar: Hier erklingt nur das reine musikalische Grundmaterial (Liegetöne der Streicher, Klavier-, Bass- und Klarinettenmotive). Die Instrumente setzen nacheinander ein, es gibt keine Verdoppelungen von Tönen oder Stimmen. Auf Ein- und Ausblendeffekte wurde verzichtet. In dieser Version ging es nur um die eigentliche Grundatmosphäre: Pianoklang über einer Streicherfläche mit einem Holzbläsermotiv vor dem Ausklang. 

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Hörbeispiel 2

Notationsprogramm | VST-Instrumente | keine zusätzlichen Effekte | keine weitere Nachbearbeitung.

Kommentar: ​Das musikalische Grundmaterial ist noch vorhanden, zusätzlich wurden einzelne Töne verdoppelt, Haltetöne der Violinen mit ein- und ausgeblendeten Klangvarianten überlagert (z.B:. ein einfaches Vibrato wird mit einem auf einer anderen Saite gespielten Non-Vibrato überlagert), Basstöne des Klaviers werden mit schwachen Pizzicati der Violoncelli angereichert usw. Diese Instrumentierung kann ohne Schwierigkeiten sowohl von Instrumentalisten als auch besseren Sound Libraries realisiert werden.

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Für den Anfang war das schon gar nicht so schlecht...

Jedoch kann man die Instrumentation noch raffinierter gestalten.

Im Internet gibt es zahlreiche Seiten unterschiedlicher Qualität, die sich mit dem Thema Orchestrierung befassen. Sie eignen sich meist für die "schnelle Antwort" auf bestimmte Fragen. Grundlagen zum Orchestrieren findet man dann z.B. eher bei ausgewählten Online Orchestration Courses:

Und dann gibt es noch die guten alten Lehrbücher zum Thema Orchestration. Hier eine Auflistung bei Wikipedia

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